Gem. einer aktuellen Studie des Instituts für Raumordnung wird die Einwohnerzahl im Landkreis MSE bis 2040 um weitere 15-20 Prozent sinken. Dies geht mit der Aufgabe von Infrastruktur und einer verschlechterten Lebensqualität einher. Mobilität ist Zukunftsthema. Die flächendeckende Verfügbarkeit von schnellem Internet sowie barrierefreie und bedarfsgerechte Mobilität an jedem Punkt des Kreisgebiets sind die Voraussetzungen für Zuzug und Wachstum und somit strategische Fragen für unseren Landkreis.

30 Jahre Angebotsabbau und ein Nahverkehr, der für Bürger außerhalb der Kreisstadt und der ehemaligen Kreisstädte Neustrelitz, Waren und Demmin praktisch nicht nutzbar ist und der sich auf individuelle Mobilität abstützt, muss vor dem Hintergrund von Wachstum und Klimaschutzzielen der Vergangenheit angehören. Unter Ziel muss es sein, als Landkreis das attraktivste Mobilitätsangebot in Mecklenburg-Vorpommern anzubieten.

Der Entwurf des Nahverkehrsplan 2021-2026 setzt dazu richtige und überfällige Akzente, die für die Organisation und Entwicklung des ÖPNV als auch für die Regionalentwicklung in unserem Landkreis von großer Bedeutung sein werden.

In einigen Bereichen sehe ich jedoch Verbesserungsbedarf, in dem Innovationsmöglichkeiten nicht entschlossen genug verfolgt und umgesetzt werden oder aber auch die Finanzierung der politischen Vorhaben nicht gesichert erscheint.

In folgenden Bereichen empfehle ich daher Nachbesserung:

Elektronische Fahrinformationssysteme und Kundenservice

– Einführung einer MVVG-App, die mobiles Ticketing, live aktualisierte Fahrpläne und die Möglichkeit zur Bestellung von On-Demand-Services bietet.

Wenn möglich, sollten auch alternative Verkehre SPNV, Carsharing und/oder Mieträder angezeigt werden, um eine integrierte Mobilitätsplanung zu ermöglichen. Bei der Ausschreibung sind bereits voll entwickelte Software-Lösungen, die wenn möglich auch die automatische Fahrtenplanung für On-Demand-Services leisten, zu priorisieren.

– Bereitstellung einer telefonischen Mobilitätszentrale/Kundenservice/ Telefonische Bestellannahme der MVVG von On-Demand-Services mit einer Ansprechbarkeit von mindestens 16 (Stunden)/ 7 (Tage)

Kommunikation

– Einführung der neuen On-Demand-Verkehre (gebündelte Bedarfsverkehre, ex Rufbus) mit Begleitung durch eine integrierte Kommunikationskampagne. Diese wird durch Maßnahmen am POS, in den sozialen Medien und Printmedien, aber auch durch Veranstaltungen vor Ort in den Gebieten, in denen On-Demand-Verkehre eingeführt werden, begleitet.

– Entwicklung eines neuen Produktnamens für die neuen On-Demand-Produkte (gebündelte Bedarfsverkehre nach PBefG)
Die alte Produktbezeichnung Rufbus soll nicht verwendet werden, da diese den Eigenschaften des neuen Produkts nicht entspricht und falsche, negativ behaftete Assoziationen (Inflexibilität mit 24 Std. Vorbestellungszeit) hervorruft.

Parallelverkehre

Parallelverkehre von Bussen mit SPNV werden ab dem Fahrplanwechsel 2021/2022 grundsätzlich gestoppt. Es ist anzustreben, Anwohner aus den jetzt von den parallel verlaufenden Buslinien mit On-Demand-Diensten zu den Zugangsstellen des SPNV zu befördern.  Sollten Linienverläufe doch beibehalten werden, sind diese so zu verzahnen, dass unter Nutzung von SPNV und Bus ein gleichmäßiger 60-Minuten-Takt im Zeitraum von 6-22 Uhr, an Wochenende von 8-22 Uhr angeboten werden kann.

Netzhierarchie

-In den Netzebenen Hauptnetz I + II sind Betriebszeiten von 16 Stunden/Werktag und von 14 Stunden/Sonn+ Feiertage sowie eine Mindestbedienung im 120-Minuten-Takt sichergestellt.

-Ziel ist es, alle Verkehrsleistungen mit Ausnahme des Hauptnetzes I + II, der Stadtverkehre sowie der touristischen und der landesbedeutsamen Verkehre als On-Demand-Service im Flächenbetrieb zu erbringen. Im Ergänzungsnetz ist ein Mindeststandard von 4-Fahrten/Wochentag und Richtung auch vor der Einführung von On-Demand-Verkehren sicherzustellen. Die erhöhte Verkehrsleistung kann, auf Linien mit geringem prognostizierten Fahrgastaufkommen, in Zusammenarbeit mit lokalen Taxiunternehmen angeboten werden.

On-Demand-Verkehre

-Betriebszeiten On-Demand-Verkehre werden von täglich von 05:30 Uhr-22:00 Uhr ausgeweitet. Hauptziel ist es, durch die ausgeweiteten Betriebszeiten vor allem auch Arbeitnehmern (u.a. in Schichtarbeit) die Nutzung des ÖPNV zu ermöglichen. Diese benannten Betriebszeiten müssen in den Regionen des Landkreises, in denen On-Demand-Verkehre angeboten werden, spätestens ab dem 01.01.2023 zur Verfügung stehen. Ab dem 01.01.2023 ist ferner sicherzustellen, dass Fahrgästen eine Fahrmöglichkeit innerhalb von 30 Minuten in den o.ä. Betriebszeiten nach Bestellung zur Verfügung steht.

-Es ist anzustreben, die On-Demand-Verkehre so schnell wie möglich auf den gesamten Landkreis auszuweiten. On-Demand-Dienste sollten auch immer dann Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen, wenn deren Wohnung mehr als 1,5 km von einer Haltestelle einer durch Hauptnetz 1 oder 2 bedienten Linie entfernt ist.

-Bereits ab dem Start zum 01.08.2021 der On-Demand-Verkehre in den bestimmten Regionen ist eine Online-Bestellmöglichkeit sowie eine Zahlungsmöglichkeit mit Paypal bzw. den gängigen EC- und Kreditkarten bei Bestellung sicherzustellen.

-Zur Verringerung von Investitionen in eigene Fahrzeuge ist anzustreben, lokale Taxi-Unternehmen regelmäßig in die Bedienung On-Demand-Services einzubinden. Diese sind dann mit entsprechender Hard- und Software (Mobiltelefone mit Applikationen) seitens der MVVG auszustatten.

Fortschreibung des Nahverkehrsplans

– Mobilität ist neben schnellem Internet und gut bezahlten Arbeitsplätze einer der Zukunftsfaktoren unserer Region. Daher muss dieser ständig weiterentwickelt werden. Daher ist in der Kreisverwaltung eine Zelle „Nahverkehrsplanung“ aufzustellen, die mit zwei Planstellen für Nahverkehrs- und Regionalentwicklung (E13/E14) ausgestattet wird. Es wird angestrebt, von der Beauftragung externer Dienstleister für die Erstellung der Nahverkehrsplanung zukünftig abzusehen. – Das Hauptamt wird beauftragt, jährlich einen Fortschrittsbericht zur Erreichung der im Nahverkehrsplan festgelegten verkehrspolitischen Ziele zu erstellen.

Finanzierung

– Die grösste Schwäche des Nahverkehrsplans ist, dass er nicht finanziert ist. So ist auf S. 199 Entwurf NVP zu lesen:

„Die Maßnahmen erfordern den Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen. Soweit diese nicht im Rahmen vorhandener Haushaltsmittel des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte abgedeckt sind, steht die Umsetzung bzw. Prüfung unter einem Finanzierungsvorbehalt.“

– Eine haushalterische Ausstattung, die es der MVVG ermöglicht, die politischen Zielsetzungen zu erreichen und diese auch über mögliche Förderzeiträume hinaus aufrechtzuerhalten, ist sicherzustellen und muss Grundlage einer soliden Nahverkehrsplanung sein.

Mit höheren Kosten, isb. für die Bezuschussung von On-Demand-Verkehren ist zu rechnen, wenn auf Grund der Angebotsverbesserungen auch die Nutzerzahlen ansteigen. (Fallbeispiel Landkreis LUP- landkreisweites Rufbussystem).

 

Finanzieller Hintergrund:

So werden allein bis zum Jahr 2026 geplante Mehrkosten für die im NVP geplanten Angebotsverbesserungen in Höhe von 3,151 Mio. EUR beziffert.

Bisher wurden im HH-Jahr 2019 etwa. 11,4 Mio. EUR für die Pflichtaufgabe Schülerverkehr und 2,567 Mio EUR für den sonstigen ÖPNV (exklusive Stadtverkehr Neubrandenburg, Zuschuss an MVVG) im Haushalt des Landkreises bereitgestellt. Im Vergleich wurden etwa im Landkreis LUP im gleichen Haushaltsjahr 4,567 Mio. EUR Zuweisung für den Betrieb des sonstigen ÖPNV an die VLP zugewiesen (davon 1,9 Mio EUR Zuweisung gem. § 18 FAG M-V).

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