Eine meiner zentralen heimatpolitischen Ziele ist eine Mobilitätsgarantie auf dem Land ohne Auto. (Link)
Ganz ehrlich – auf dem Land ist die Benutzung von Bus und Bahn eine beschwerliche und oft unpraktische Angelegenheit. Ich verstehe jeden, der im Moment sein Auto vorzieht.
Derzeit lebe ich aus dienstlichen Gründen noch in Stockholm. Leider muss ich, ohne zu übertreiben, sagen, dass die Reise von Stockholm nach Neustrelitz einfacher, schneller und im Verhältnis gesehen sogar günstiger ist, als in Mecklenburg-Vorpommern nach 18:00 Uhr zum Beispiel von Malchow nach Güstrow zu kommen. Anfang Juli bin ich abends bei Malchow gestrandet. Der via Bahn-App gebuchte Bus zum Zug war am Abend ein Rufbus, den man einen Tag vorher! buchen sollte. Dies war allerdings weder im Fahrplanaushang noch in der DB-App ersichtlich (s. Instagram).
Mobilitätsgarantie auf dem Land ohne Auto revolutioniert das Landleben!
Mein Ziel ist nicht, WählerInnen zu überzeugen, das eigene Auto stehen zu lassen. Die Mobilitätsgarantie soll das Leben in ländlichen Räumen einfach so revolutionieren, dass jede/r die Möglichkeit hat, selbst zu entscheiden. Gerade für ältere Menschen sowie Familien mit Kindern kann ein funktionierender Nahverkehr das Leben auf dem Land attraktiver machen und vereinfachen.
Nebenbahnen zurück ans Netz
Das Rückgrat für einen funktionierenden Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern ist das Regionalbahnnetz. Das Netz wurde seit Mitte der 90er Jahre stark ausgedünnt. Zur Stärkung des Tourismus und um ein attraktives Angebot für Berufspendler zu schaffen, müssen einige Strecken wieder zurück ans Netz. Bei innovativen Streckenrettungsprojekten im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat der Landkreis die Landesmittel für den Bus-Ersatzverkehr in alternative Schienenverkehrskonzepte investiert. Es bleibt jedoch viel zu tun. Takt und Zugangebot müssen wir so verbessern, dass eine durchgehende Versorgung der Region sicherstellt wird. Dazu gehören einfache Schritte wie die Verzahnung der Fahrpläne und der Abbau von Parallelverkehren. Bei den jetzigen Fahrplänen sind viele Orte im wahrsten Sinne des Wortes nach 18:00 Uhr „abgekoppelt“.
Auf Bundesebene sollten für die Wiederinbetriebnahme und Ertüchtigung von Strecken Sondermittel zur Verfügung gestellt werden, um Anlaufphasen zu überbrücken und auch kommunale Trägerschaften von Eisenbahnstrecken zu ermöglichen. Dies trägt neben zur Reduzierung von Treibhausgasen bei.
Ganzjähriger Betrieb auf der Südbahn und Personenverkehr von Meyenburg-Güstrow als Etappenziele
Im Moment werden einige wichtige Nebenbahnachsen nicht für den Personenverkehr genutzt; diese könnten jedoch schnell wieder in Betrieb genommen werden. Auch der Nordkurier schrieb am 03.08.2020 von einer möglichen Reaktivierung von Nebenbahnstrecken in #MV und dem nördlichen Brandenburg (Link). Auf Bundesebene sollten für die Wiederinbetriebnahme und Ertüchtigung von Strecken Sondermittel zur Verfügung gestellt werden, um Anlaufphasen zu überbrücken und auch kommunale Trägerschaften von Eisenbahnstrecken zu ermöglichen. Dies trägt ganz nebenbei zu einer wichtigen Reduzierung von Treibhausgasen bei. Ich setze mich deshalb erstens für den dauerhaften und ganzjährigen Betrieb auf der Südbahn, zweitens die kurzfristige Wiederinbetriebnahme der Strecke Meyenburg – Plau am See –Krakow am See –Güstrow für den Personenverkehr in Zusammenarbeit mit Regio Infra und Hanseatischer Eisenbahn ein. Drittens gehört natürlich auch die Prüfung der Sanierung und Wiederinbetriebnahme der Strecke von Neustrelitz Hbf – Feldberg (Mecklenburg) zumindest im Saisonbetrieb, zu meinen Prioritäten. Einen Beschluss der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft gibt es bereits.
Integration in den VBB und Stundentakt nach Berlin erforderlich
Daneben bin ich für eine noch bessere Anbindung der Achse Güstrow-Waren im Stundentakt an die Metropolregion Berlin und die Integration dieser Achse in den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Viele Bürger wohnen jedoch nicht an bzw. in der Nähe eines Bahnhofs.
Wie ist die Mobilitätsgarantie auf dem Land ohne Auto umsetzbar?
Nahverkehr 4.0 – maßgeschneiderte Mobilitätgarantie auf dem Land ohne Auto
Die Idee ist einfach: Sie stützt sich auf künstliche Intelligenz und verbindet Digitalisierung mit einem attraktiven und bedarfsangepassten Personennahverkehr. Inzwischen habe ich gelernt, dass es in der DDR so etwas auch unter dem Namen „Transportoptimierung“ gab – nur eben ohne Computer. Und das geht so: Busverkehr mit Linienbussen wird ausgedünnt und nur noch dort betrieben, wo eine Buslinie im 1-2-Stundentakt sinnvoll betrieben werden kann. Der Rest wird nach dem „Berlkönig“-Konzept betrieben. Das heißt, dass jeder Anwohner und Tourist per App oder Telefon eine Fahrt mit dem Bus individuell bestellen und bezahlen kann. Kleinbusse sind so dezentral im Landkreis stationiert, dass sie jeden Punkt in ihrem Zuständigkeitsbereich in höchstens 30 Minuten erreichen können.
Dem Fahrgast wird in der App angezeigt, in wieviel Minuten der nächste Bus bei ihm/ihr ankommen könnten und der Fahrgast kann zwischen verschiedenen Fahrtmöglichkeiten wählen. Die App plant die Fahrtwünsche der Fahrgäste mittels eines Berechnungsverfahrens (künstlicher Intelligenz) automatisch. Dem Fahrer werden live auf einem Bildschirm die dynamisch geplante Fahrzeit, Fahrstrecke und Haltepunkte angezeigt. Somit könnten z.B. bei einer Fahrt auf dem Weg von Güstrow nach Gutow noch verschiedene Stopps in Güstrow angefahren werden, um weitere Fahrgäste aufzunehmen oder abzusetzen. Die beschriebene Technologie beschreibt keine technologischen Möglichkeiten der Zukunft, sondern wird bereits in etwa 200 Städten weltweit genutzt.
Neue Wege gehen
Im Nordkurier vom 12.08.2020 wurde die Kündigung u.a. des Stadtverkehrsvertrages Waren mit der MVVG zum 30.12.2021 angekündigt. Wäre das nicht eine Chance den Stadtverkehr zu revolutionieren und auf 4.0-Standard zu bringen? Waren als Mittelzentrum ist von der Größe ideal, um einen modernen Nahverkehr im Rahmen eines Modellprojekts zu testen. Die Technologie und Dienstleistungen sind fertig entwickelt, müssten nur angepasst werden. Vorhandene Fahrzeuge können teilweise um- und aufgerüstet werden.
Täglich von 06.00-22.00 Uhr mobil sein – auf Bestellung
Mit einem Service-Versprechen von 06.00 Uhr – 22:00 Uhr täglich und einem Preis vergleichbar mit dem Preis eines heutigen Busfahrscheins kann die Lebensqualität von Menschen effektiv verbessert werden. Die Fahrzeiten sind für den Fahrgast flexibel wählbar, die Routenführung wird optimiert. Damit wird erreicht, dass auf weniger frequentierten Routen nicht voll ausgenutzte Busse sowohl Emissionen erzeugen und nur zu wenigen Umläufen am Tag zur Verfügung stehen. Der neue „flexible“ Nahverkehr 4.0 ermöglicht dagegen zum Beispiel, dass Eltern ihre Kinder nun ohne Auto aus dem Dorf sicher und bedarfsgerecht zum Fussballtraining in die Stadt transportieren können. Senioren können sich zielgerichtet zum Supermarkt, der Bank oder dem Frisör fahren lassen.
Ladesäulen in jeder Gemeinde
Mein Ziel ist es, in jeder Gemeinde des Wahlkreises mindestens eine Stromstankstelle als Ladeinfrastruktur für E-Bikes und batteriebetriebene Autos mit Bundesmitteln fördern und zu errichten. Planungsverfahren dazu müssen beschleunigt werden.
Auf in die Zukunft
Darüber hinaus möchte ich die Mobilitätsgarantie im ländlichen Raum von allen Tagen von 6-22 Uhr mit Modellprojekten im Wahlkreis 17 testen, um diese zukünftig flächendeckend im Wahlkreis, Mecklenburg-Vorpommern und Deutschland einführen zu können.
Nahverkehr 4.0 auf dem Land á la Berlkönig ist in Ländern wie Dänemark und Schweden im ländlichen Raum keine Zukunftsmusik mehr, sondern längst Alltag. Auch in Berlin und Umland gibt es seit einem Jahr vielversprechende Tests mit dem System. Meine zentrale heimatpolitische Forderung, eine Mobilitätsgarantie auf dem Land ohne Auto umzusetzen ist möglich. Kommunen müssen durch die Bundespolitik motiviert werden, neue Wege zu gehen und Nahverkehr neu zu denken.
Mobilität ist ein Schlüsselfaktor für ein attraktives Leben auf dem Land. Daher muss Mobilität u.a. durch Implementierung von Nahverkehr 4.0, Wiederinbetriebnahme von Eisenbahnstrecken, flächendeckende Ladeinfrastruktur und Fahrpreissenkungen neu gedacht und eingeführt werden. Dies erfordert Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen.
Ich will dazu beitragen, dass Deutschland mutiger in Richtung Digitalisierung voranschreitet. Ein Leben und eine Mobilitätsgarantie auf dem Land ohne Auto ist mit Hilfe der Digitalisierung bereits heute möglich.
Weiterführende Artikel:
Mein Plädoyer für eine zukunftsfähige Heimatpolitik : https://johannesarlt-mv.de/news/das-leben-auf-dem-land-muss-ueberall-lebenswert-bleiben
Artikel zum Berlinkönig-Betrieb in Berlin: https://emobilitaetblog.de/berlkoenig-wer-faehrt-so-spaet-durch-nacht-und-wind/
Eine Betreiberfirma, die auch das Projekt in Berlin organisiert: https://www.viavan.com/de/solutions/